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Literaturkreis
Dorfmuseum Lengnau

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03.12.12
 

False-true26. Nov 2012: Spiegel(ungen)

Das Kurzprotokoll hat Ursula in verdankenswerter Art verfasst.

Esther bringt uns gespiegelte Zeichen, um unsere Gehirnhälften zu aktivieren und zu verbinden. Wir werden die Aufgabe aus Zeitgründen zu Hause lösen.

Rita hat ihr Lieblingsbuch gefunden: Das Glückskind von Steven Uhly. Ein Mann, der Sozialhilfe bezieht und sich in jeder Hinsicht gehen lässt, findet ein Neugeborenes in der Mülltonne. Das Baby wird sein Leben auf unerwartete Weise verändern. 5stars

Reto hat für uns geforscht: Was bedeutet der Spiegel in der Märchen- und Sagenwelt? Siehe auf Wikipedia „Narziss“ und „Echo“ (Mythologie). Es lohnt sich!

Ruth liest uns aus Venezianische Spiegelungen von Klaus Merz. In seinen kleinen literarischen Mosaiken erkennen wir diese zauberhafte Stadt wieder. 5stars

Marianne erzählt uns aus dem Büchlein Degas et son Modèle von Alice Michel, das sie in der Fondation Beyeler, an der aktuellen Ausstellung von Degas Spätwerken, erstanden hat. Die Autorin ist unbekannt, evtl. ein Pseudonym oder eines seiner Modelle für seine späten Werke. Der Künstler ging alles andere als zimperlich mit seinen Modellen um, je nach seiner wechselhaften Laune. Wenn sie in ihren schwierigen Posen nicht ganz ruhig standen, beschimpfte er sie heftig. Er war im Alter fast blind und so geizig, dass die Haushälterin ihr mageres Gehalt mit den Modellen teilen musste. 5stars
Lukas ergänzt: Er war vor einem Jahr am mfa in Boston an der Ausstellung «Degas and the nude». Die Werke wurden im Untergeschoss gezeigt mit einer Eintrittskontrolle für nur über 18Jährige! Das Durchschnittsalter der regen Besucherschaft lag dann auch deutlich über 65. Im Gegensatz dazu sah er in der Beyeler-Ausstellung auch Kinder, obwohl die dargestellten Damen nicht bekleideter waren als bei den Exponaten in Boston ;-)

Yvonne stellt uns Der Spiegel im Spiegel, ein Labyrinth von Michael Ende vor und liest uns eine Kostprobe der zum Teil sehr schrägen jedoch tiefsinnigen Kurzgeschichten. Ein Buch, das Yvonne gerne immer wieder hervorholt um eine der doch anspruchsvollen und schwer verdaulichen Geschichten zu geniessen. 5stars

Yvonne sucht jemanden, der Vielen Dank für das Leben von Sybille Berg liest, damit sie darüber sprechen kann. Das Buch macht sie wütend und sie kommt trotzdem nicht davon los:
Lieblose Kindheit
Im Kinderheim beginnt Totos Odyssee. Ungeliebt und keinem Geschlecht zugehörig, empfindet Toto zu einem anderen Heimkind, Kasimir, erstmals so etwas wie Liebe. Die Leiterin des Heims, Frau Hagen, ist eine Stasi-Kommandeurin. Sie hasst Kinder, vor allem aber hasst sie Toto.
Leseprobe:
«Die Welt wurde beherrscht von Männern mit Hirndefekten, die alle gleich aussahen. Blaugrau mit mahlenden Kieferknochen, mit denen sie ohne jede innere und äußere Regung Firmen ruinierten, das Sparguthaben tausender Rentner versenkten, Gift im Meer verklappten, mit Walfischen handelten und Großmütter aus ihren Häusern warfen. Was Kasimir von ihnen zu trennen schien, waren seine Gefühle für Toto, die waren wie schmutzige Füße in teuren Kaschmir-Socken, und obwohl Kasimir sich eingestehen musste, dass dieser Gedanke vollkommen unlogisch war, konnte er sich doch nicht dagegen wehren, Toto als die Ursache seines Scheiterns zu betrachten. Ohne Toto würde er frei sein.»
Der Deckeltext meint: «Nur zwei Dinge machen Toto Hoffnung - das Wiedersehen mit Kasimir und sein einziges Talent: das Singen. Es führt Toto bis nach Paris. Ein wütender, schriller Roman einer großen Autorin über das Einzige im Leben, was zählt.»
Doch Kasimirs erster Plan, Toto bei einer Operation sterben zu lassen, misslingt. Als Toto schließlich zur Frau wird, beschließt Kasimir Toto mit Liebe zu töten. Sibylle Bergs Roman erzählt Totos Geschichte von 1966-2003, bis zu Totos grauenvollem Ende. Kurz bevor Toto stirbt, kann sie noch ihre Lieder aufnehmen.

Barbara erzählt uns bildhaft die Novelle Spiegel, das Kätzchen, ein Märchen von Gottfried Keller, aus «Die Leute von Seldwyla».
Der Kater schließt, um nicht zu verhungern, mit dem Seldwyler Stadthexenmeister Pineiß einen schlimmen Vertrag: Pineiß, der zu seiner Hexerei den Schmer (das Fett) von Katzen braucht, verpflichtet sich, Spiegel herauszufüttern. Als Gegenleistung muss Spiegel sich schlachten lassen, sobald er fett genug ist. Aber der kluge Kater windet sich heraus, und am Ende ist Pineiß der Angeschmierte: Spiegel vermittelt ihm eine schöne junge Ehefrau mit reicher Mitgift, die sich aber in der Hochzeitsnacht als scheußliche alte Hexe entpuppt; woher, laut Erzähler, das Sprichwort stammen soll: „er hat der Katze den Schmer abgekauft“, wenn jemand einen schlechten Handel gemacht hat.

Rita empfiehlt den Krimiliebhabern unter uns Griessnockerl von Rita Falk. Ein witziger Klamauk mit Franz Edelhofer. Der ist Dorfpolizist in seinem niederbayerischen Heimatdorf Niederkaltenkirchen (Der Ort ist von der Autorin frei erfunden). Dort stolpert der Franz ebenso genial wie tollpatschig durch seine Fälle. Die Bücher sind zwar keine hochgeistige Kriminahrung, aber sehr lustig zu lesen. Ich habe sie erwähnt, weil alle vier erschienenen Bücher von Rita Falk „Spiegel“ Bestseller sind.

Lukas ergänzt noch um zwei Zeichnungen von Maurits Cornelis Escher: Kugel und Hands

  5stars = ein Must! ... bis ... 1star = Chasch vergässe!
 
 

Übersicht und Buchbesprechungen auf: Dorfmuseum Lengnau AG

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